Ballade

(vom eisernen Ritterlein)


Es haust in einer starken Feste
ein Ritter mit der Eisenweste,
Don Kriemrich heißet er mit Namen,
sein Wahlspruch tönt: Ich will es, amen !
Er führt mit Strenge seine Knechte
in viele blutige Gefechte,
befiehlet, tapfer sich zu schlagen
und für den Dienst den Kopf zu wagen.
Er prangt auf seinem hohen Ross,
sein Adlerauge prüft den Tross.
Auf seinem Harnisch sitzt ein Fleck -
der Rost geht niemals nimmer weg.
Und auf seinem Kettenhemd
im Licht ein golden Kreuze brennt.

Von seiner Burg scheucht er die Armen,
hat für ihr Flehen kein Erbarmen;
schlägt mit der Rute gar die Kleinen,
was kümmert ihn ihr kläglich' Weinen;
die schreien nach Gerechtigkeit,
die lässt er steh'n in ihrem Leid,
vor ihren Tränen schaut er weg.
Auch sein Visier hat einen Fleck -
der Rost geht niemals nimmer weg.
Und auf seinem Kettenhemd
im Licht ein golden Kreuze brennt.

Doch kommt ein frommer Pilgersmann,
so feuert ihn der Ritter an:
Nur zu, Genosse, so ist's recht,
wer's Knie beugt, der ist niemals schlecht
Wandle weiter deinen Weg,
ich sich're Brücke dir und Steg !
Des Ritters Helm zeigt einen Fleck -
der Rost geht niemals nimmer weg.
Und auf seinem Kettenhemd
im Licht ein golden Kreuze brennt.

Im Burghof stand sein braver Knecht,
der macht ihm niemals etwas recht;
sein Lohn ihm vorenthalten blieb,
dafür gab's manchen Peitschenhieb.
Und muckt der Brave mutig auf,
so schlägt der Ritter eisern drauf.
Und auf des Ritters Eisenhand
eine braune Stell' entstand,
ein neuer großer scharfer Fleck -
der Rost geht niemals nimmer weg.
Und auf seinem Kettenhemd
im Licht ein golden Kreuze brennt.

Doch, seht her, ein heller Schein !
Weh ! Das Kreuze brennt sich ein
in das rost'ge Ritterlein,
gellend hebt es an zu schrei'n -
sein Eisenherz ist weggebrannt,
befreit sind Tross und Knecht und Land.


von Marie Winkel

aus Band 4

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