29. Des Rätsels Lösung

 

Papa Korno bereute es sehr, dass er dem jungen Quasty auf der Hochzeit von der süßen Flüssigkeit im Altglascontainer erzählt hatte. Hätte er doch die Schnauze gehalten!
Tagelang kroch er bedrückt umher — sicher wollte Quasty aus den leeren Saft- und Weinflaschen die Reste naschen — und nun war er mit dem ganzen Glas verschwunden. Auch Mama Salamine und natürlich Kässy ließen die Schwänze hängen, und sogar Mehlinchen und Mausmöpschen, die sich angefreundet hatten und sehr drollig miteinander spielten, konnten sie nicht aufheitern.
Da — eines Tages — draußen dämmerte es bereits — stieg der Mäusedoktor Schneid durch das Schuppenloch herein und kam mit wichtiger Miene auf das Nest zu. Er machte Männchen, legte die Pfoten auf den Bauch und schaute durch seine grüne Brille alle Mitglieder der Familie Mausekatz der Reihe nach an. „Ratet mal“, sagte er, „wer bei mir auf dem Speicher liegt !“ — Keiner antwortete ihm. „Na, ratet! Wer liegt wohl bei mir seit zwei Tagen auf dem Speicher ?“ — „Woher sollen wir das wissen!“ brummte Papa Korno und kratzte sich mit dem Hinterbein am Ohr.
Nur Kässy, Kässy wurde plötzlich hellwach! „Ist es am Ende mein — mein Quasty? quiekelte sie mit weit aufgerissenen Augen. — Dr. Schneid grinste breit und nickte: „Vor zwei Nächten kam er mit Frau Mausss die Speichertreppe hochgekrochen — in jämmerlicher Verfassung — voller Schnittwunden — doch es geht ihm schon besser!“ Alle Mausekatzmäuse quieksten auf und hopsten aufgeregt durcheinander. „Können wir zu ihm?“ ertönte es wie aus einer Schnauze.
Als es ganz dunkel war, machte sich die ganze Gesellschaft auf zu Dr. Schneids Speicher. Der Weg war weit und gefährlich, denn es wimmelte in dieser Nacht von Katzen, und die Mäuse atmeten auf, als sie den Dachboden erreicht hatten. Der Mäusearzt führte sie hinter eine alte Truhe zu einem kleinen Paket. Es war Quasty, um und um eingewickelt und verbunden mit Wundkleeblättern. Nur sein Schnäuzchen schaute heraus, und Kässy stürzte zu ihm hin und drückte ihm ein Küsschen darauf.
Die Mäuse erfuhren nun von Frau Schneid die ganze Geschichte: Es war tatsächlich so, wie Papa Korno vermutet hatte. Durch seine Erzählung vom süßen Saft im Altglascontainer hatte sich Quasty verlocken lassen, den Behälter zu suchen, hatte darin viel „süßen Saft“ getrunken und war eingeschlafen. Wach wurde er durch ein furchtbares Gepolter. Er wurde mit dem ganzen Kasten hochgehoben und — Hören und Sehen verging ihm — mit lautem Geprassel sauste er mit den ganzen Flaschen und Scherben in ein dunkles Loch. Dann grollte und rumpelte es, und die Glasscherben purzelten von allen Seiten auf ihn. Er wagte sich nicht zu rühren, nachdem er sich an einer messerscharfen Kante das Bauchfell aufgeritzt hatte. Schließlich bekam er einen Schlag auf den Kopf und wusste nichts mehr.
Als er wieder zu sich kam, war über ihm ein riesiger Glasberg. Glas, Glas, Glas, grünes, braunes und weißes. Er steckte zwischen zwei Obstgläsern fest, und sein Kopf brummte. „Ich brauchte ewig, um mich aus dem Glasberg zu wühlen“, quiekelte es plötzlich aus dem Wundkleeverband, „und habe mich überall geschnitten.“
Quasty war auf einem Fabrikplatz gelandet, auf dem das Müllauto, das den Container geleert hatte, das Altglas abgeladen hatte. Um um herum waren lauter Glasberge, und das blutende Mäuslein wusste nicht, wo es war. „Ich weiß nicht, wie ich nach Hause gekommen bin“, piepelte Quasty, „ich lief und lief und lief, schlief unter Büschen und lief weiter — bis — bis mich Frau Mausss im Gemüsegarten gefunden hat.“
Papa Korno zuckte mit den Ohren und seufzte auf: „Ende gut, alles gut !“
 

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