12. Der Regenbogen
 

Quops und Tops schrecken zusammen, als hinter ihnen ein Fenster klirrt. Sie sind ganz vertieft – ins Essen. Sie stehen an der großen Himbeerhecke in Tops’ Garten und stopfen sich mit Himbeeren voll. „Hört jetzt auf, lasst mir noch was dran!“ ruft Tops’ Mutter hinter ihnen aus dem Fenster, „ich will noch welche einfrieren!“
Quops wischt sich die Himbeersafthände an seinen Jeans ab und schaut Tops fragend an: „Was machen wir jetzt?“ – Tops kneift die Lippen zusammen, dreht dann den Kopf und weist zum Wald, der jenseits des Baches beginnt. – „Meinst’e , wir sollen mal in’n Wald gehen?“ fragt Quops. – „Da gibt’s auch Himbeeren!“ sagt Tops. – „Ist aber ziemlich dunkel da hinten, sieht nach Regen aus!“ meint Quops. – „Is’ doch egal . komm!“
Unternehmungslustig stampfen die zwei dicken Freunde los. Quops behält recht: nach zehn Minuten beginnt es zu tröpfeln, zu regnen, und sie stellen sich unter eine dichte Tanne. „Das kann dauern!“ knurrt Tops. Es dauert aber nicht, sondern nur ganz kurz – und der Regen wird dünner und die Sonne bricht wieder durch.
Sie treten aus dem Wald auf ein abgeholztes Gelände. „Oh, n’ toller Regenbogen!“ rufen beide wie aus einem Mund. Der Regenbogen spannt sich über einen Waldberg und endet an einer Seite bei einem Hochspannungsmast am Abhang. „Der is’ Spitze!“ meint Quops, „wie hingemalt!“ – „Mein Opa hat gesagt, wo ein Regenbogen endet, liegt ein Schatz vergraben.“ sagt Tops. – „Dann muss da am Hochspannungsmast einer liegen!“ grinst Quops. – „Sollen wir mal gucken?“ fragt Tops ganz ernsthaft. – Quops tippt sich an die Stirn: „Is’ doch n’ Märchen! Babykram!“ sagt er, aber da ihnen nichts besseres einfällt, machen sie sich doch auf den Weg.
Und der, der Weg, ist viel weiter, als sie gedacht haben. Erst zieht es sich ein ganz schönes Stück an der Holzung entlang, dann müssen sie in eine Bachschlucht klettern, mit nackten Füßen durch den ziemlich kalten Bach waten, und auf der anderen Seite wieder hochkraxeln.
Vor lauter Bäumen sehen sie den Hochspannungsmast erst wieder, als sie bereits weit darüber auf einem Waldweg anlangen. Schwitzend und maulend steigen sie wieder abwärts.
„Das war er!“ sagt Quops, „da war das Ende vom Bogen!“ Er schaut an dem Mast hoch: „Da möcht’ ich nicht hochklettern!“ – „Brauchste ja nicht!“ meint Tops, „guck’ lieber mal, was hier für ’ne tolle Himbeerhecke is’!“ - Oh ja, am Fuß des Mastes beginnt ein weitläufiges Himbeergebüsch, und durch die rostigen Eisenträger schwanken Zweige, rot vor reifen Beeren. – „Vielleicht ist das der Schatz!“ meint Quops plötzlich, und seine Augen glänzen, als er sich eine kleine Handvoll Beeren in den Mund schüttet.
Tops antwortet nicht und wühlt sich weiter in das dornige Gestrüpp. Der Himmel hat sich wieder verdunkelt, und nur ab und zu blitzt noch die Sonne auf. Tops ruft seinem Freund etwas zu. – „Was is?“ schreit Quops mit vollem Mund zurück, verschluckt sich und hustet herum. – „Ich hab’ was gefunden, ’n Schlüssel!“ - „Zeig’ her!“
Der ‚Schlüssel’ ist ein Schlüsselbund mit fünf Schlüsseln und einem Metallanhänger. „Den hat bestimmt einer verloren beim Himbeersammeln! Wir nehmen ihn mit heim“, meint Quops.
Als die beiden mit dicken Himbeerbäuchen und todmüde von dem weiten Weg wieder zu Hause ankommen und Tops seiner Mutter den Schlüssel zeigt, ist die ganz verblüfft. Sie sagt: „Gerade eben hab’ ich im Gemeindeblatt gelesen, dass einer am Weberberg einen Schlüsselbund verloren hat, letzte Woche. Mit fünf Sicherheitsschlüsseln und ’nem Silberanhänger! Das is’ er! Ganz bestimmt! Am Weberberg – da sind ja die Hochspannungsmasten. Is’ das ’n Zufall! – Tops hol’ doch mal das Gemeindeblatt vom Küchenschrank!“
Tops springt die Treppe runter, schneller als sonst. Er schwenkt das Gemeindeblatt und schreit: „Da steht: Der Finder erhält Belohnung!“
Quops staunt. Tops schaut ihn von der Seite an und sagt: „Siehste, hab’n wir doch ’n Schatz gefunden! Am Ende vom Regenbogen! Is’ kein Märchen!“

 

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