20.  Ein fürchterlicher Tag

 

Es war düster und stürmisch. Dicke Wolken hingen am Himmel. Zucko war unterwegs, um Walnüsse als Miete für die weiße Maus zu besorgen. Die Mausebesitzerin des Schuppens wurde nämlich fuchsteufelswild, wenn man es einmal versäumte, ihr die tagtägliche Mietwalnuss vors Nest zu legen.
Zucko schlich suchend die Dachrinne des Schuppens entlang. Über dem Schuppen wölbte sich ein Nussbaum, und die Nüsse kullerten immer vom Dach in die Regenrinne. Doch heute suchte Zucko vergebens, trotz des starken Windes lag keine einzige Nuss in der Rinne — stattdessen begann es plötzlich heftig zu regnen, richtig los platschte der Regen, und ehe Zucko sich versah, floss in der Rinne ein Wasserbächlein durch seine Füße.
Nur schnell heraus hier, dachte Zucko und rannte zum Ende der Dachrinne — zum falschen Ende! Es machte plopp — und Zucko war am Ende der Rinne durch das Regenrohr in das Regenfass gefallen, das unten am Schuppen stand und das Regenwasser sammelte.
Zucko strampelte verzweifelt in dem vollen Fass herum, denn er war durch seine vielen Naschereien sehr dick geworden und konnte schlecht schwimmen. Schon hatte er viel Wasser geschluckt, da gelang es ihm mit letzter Kraft, den Rand des Regenfasses zu erreichen und sich festzuklammern. Er versuchte, sich hochzuziehen. Oh, wie bedauerte er es nun, am Tag zuvor auf der Straße den großen angebissenen Schokoladenriegel gefressen zu haben, ganz allein und ohne den andern etwas abzugeben. Gewaltig schwer fiel es ihm, sich auf den Rand des Fasses zu stemmen. Mit einem Mal jedoch — ein letzter Ruck, und er plumpste kopfüber über den Rand hinaus auf den harten Gartenweg. Au, das tat weh! Kein Knochen mehr heil, dachte Zucko, rappelte sich mühsam auf und machte sich mit verstauchten Gliedern auf den Heimweg.
Als er vor dem Schuppen um den Nussbaum bog, begegnete ihm Papa Korno. Der würdigte ihn keines Blickes, sondern hinkte mit grimmiger Miene auf drei Beinen zum Schuppenloch.
Mama Salamine machte große Augen, als sie ihre beiden Helden zurückkommen sah. Der eine hatte eine Beule am Kopf, der andere hinkte auf drei Beinen und hielt das vierte, an dem ein blutiger Schnitt war, so komisch in die Luft, dass Mama Salamine beinahe lachen musste. Sie hielt sich aber noch rasch die Pfote vor die Schnauze und quiekte: „Was ist denn mit euch passiert?“
Papa Korno gab keine Antwort. Sie aber dachte: „Es geschieht ihm recht — muss er immer im Altglascontainer die messerscharfen Flaschenscherben auslecken gehen!“
Als sie gerade damit beschäftigt war, Papa Kornos Verletzung mit einem Wundkleeblatt zu verbinden, geschah zweierlei: Es fing plötzlich an, von oben ins Nest zu tropfen. Dicke Wassertropfen, ja, ein Wasserschnürchen rieselte vom Dachgebälk des Schuppens geradewegs ins Nest. Offensichtlich hatte der stürmische Wind ein Loch ins Schuppendach gerissen. Das war nun schon schlimm genug — zwei Verletzte und ein nasses Nest. Doch es kam noch übler.
Mit lautem Gepfeife schoss die weiße Maus um die Ecke des Holzstoßes, richtete sich vor dem Nest zu voller Größe auf und schrie: „Ich hab’ es ja immer gesagt, dass ihr Gesindel seid! In meinem Schuppen wohnen, aber keine Miete zahlen! Wieder keine Walnuss da heute! Meint ihr vielleicht, ihr Faulpelze, ich würde mir bei diesem Katzenwetter meine Nuss selber suchen? Da habt ihr euch aber geschnitten, ihr...“ — Papa Korno hielt der weißen Maus plötzlich sein dick verbundenes Hinterbeinchen unter die Nase und brummte: „Ich habe mich geschnitten!!!“ — Die weiße Maus machte ein furchtbar dummes Gesicht — drehte sich um und zottelte ab.

 

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