14. Der neue Spitzname
 

Ein Wandertag steht bevor. Quops’ Klassenlehrer, Herr Speicher, schlägt den Kindern vor, ins Museum zu gehen. Die Begeisterung ist nicht groß. Doch Herr Speicher erklärt, dass im Asiatischen Museum gerade Spielzeug und Kleidung von Kindern aus Asien gezeigt werden, und da sind die meisten einverstanden.
Quops nicht. Er mag nicht ins Museum. Er wäre lieber ins Freibad oder in den Zoo gegangen oder eben – wandern. Doch was soll er machen?
Am Wandertag regnet es in Strömen. Quops und die andern sind schon klatschnass, als sie in der Vorhalle des Museums ankommen. Herr Speicher verspricht zum Trost, jedem hinterher in der Cafeteria des Museums ein Eis am Stiel zu kaufen. Und meint: „Seht ihr, bei dem Wetter hätten wir gar nichts anderes machen können.“
Quops nörgelt vor sich hin: „Phhöh! Ich wär’ lieber im Bett geblieben.!“ Er ist schlechter Laune, und daran können die asiatischen Kindersachen auch nichts ändern. Weder die indischen Holzschwerter, noch die Bälle aus Wolfsleder, noch die große Spielzeugeisenbahn aus China.
Mit finsterer Miene betrachtet Quops gerade ein komisches Brettspiel aus dem Himalaya, das der Museumsführer ihnen erklärt, da fangen ein paar Mitschüler neben ihm an zu kichern. Herr Speicher meckert. Da gluckst Lisa heraus: „Da ... dahinten an der Wand, die Figur, die sieht aus wie – wie – der Kai!“ – Alle drehen sich ’rum und starren auf die Figur. Auch der Lehrer. Quops sieht die Figur und bekommt einen knallroten Kopf. Die Figur – ihr Gesicht – sie gleicht ihm wirklich! Ein paar Kinder rufen durcheinander: „Da steht dran: „Buddha, um 1500!“ – „Kai, du bist’n Buddha!“ grölt Sven, der immer hinter Quops her ist; „n’ 500 Jahre alter Buddha!“ kreischt eine Stimme. Alle lachen sich kaputt, und Quops würde dem Buddha am liebsten einen Fußtritt versetzen; er fühlt, wie ihm die Tränen in die Augen steigen – da kann sich Herr Speicher in dem Lärm endlich durchsetzen: „Wollt ihr wohl Ruhe geben! Sonst fliegen wir hier raus!“ sagt er ärgerlich, und zu Quops: „Mach’ dir nichts draus, Kai! Ein Buddha ist in Ostasien etwas ganz Großes – fast so wie Gott bei uns hier. Dieser hier ist ganz vergoldet.“ – Quops schaut auf seine Füße und sagt nichts. Immer noch grinsen die andern ihn dämlich an, und Tina, mit der er sonst gut klar kommt, sagt: „Komm’ Buddhachen, mach’ nicht so’n Gesicht! Vielleicht fährste mal nach Asien, und dann haben alle Leute Angst vor dir!“
„Die spinnen alle!“ denkt Quops und tippt sich an seine glührote Stirn.
Zum Glück ruft Herr Speicher die Klasse jetzt in den Nebenraum an eine Vitrine mit tollen asiatischen Puppen. Da sind alle abgelenkt und staunen, als eine Dame vom Museum kommt, eine japanische Puppe aus der Vitrine nimmt und ihr vor aller Augen das komplizierte Kostüm auszieht. Beim Wiederanziehen dürfen dann einige ein bisschen helfen.
Quops hat sich unbemerkt davongeschlichen. Er steht allein vor dem Buddha. „Soo dick bin ich aber nicht – und so’n Doppelkinn hab’ ich auch nicht!“ denkt er. Nur – die Backen, die Nase ...! Quops kaut auf seinen Fingernägeln – und rennt hinaus. In die Vorhalle, zur Garderobe. Er will kein Buddha sein. Er reißt seine Jacke vom Haken und geht zum Ausgang.
In der Drehtür kommt ihm Frau Marks, seine Kunstlehrerin, entgegen. „Wo willst du denn hin, Kai?“ fragt sie den erschrockenen Quops. – „Och – ich geh’ heim!“ sagt Quops trotzig und will wegwitschen. Doch Frau Marks hält ihn am Ärmel, und ein paar Minuten später sitzen die beiden in der Cafeteria, Quops schüttet Frau Marks sein Herz aus, und Frau Marks erzählt ihm eine Menge über Buddhas. Dazu spendiert sie ihm eine Limo.
Nach einer guten Viertelstunde erscheint Herr Speicher in der Tür der Cafeteria, schaut verwirrt um sich und scheint etwas zu suchen. „Da is’ er!“ schreit es hinter ihm. „He – Buddhachen!“ rufen Tina und Laura wie aus einem Mund.
Quops schaut mürrisch auf, doch dann legt er den Kopf schief und lächelt ein ganz klein wenig.
 

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