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			 19. 
			Quops kriegt einen Job 
  
			Es 
			ist zum die Wände hochgehen. Schon wieder ein Kilo mehr. Quops würde 
			die blöde Waage am liebsten in den Boden trampeln. Der Arzt hat 
			gesagt, er dürfe auf keinen Fall weiter zunehmen. Wegen seiner 
			Krankheit. Aber Quops hat immer Hunger. Genau wie Tibby. Nur, dass 
			er kein Trockenfutter mag und keine Mäuse. 
			Quops sitzt auf dem Rand der Badewanne und kaut an seinen 
			Fingernägeln. Grau ist’s ihm. Alles. Seine Krankheit – warum 
			ausgerechnet er? – die andern sind alle gesund. Dann gestern – er 
			hat schon wieder seinen Turnbeutel verschlampt – und seine Mutter 
			ist sowieso nur noch am meckern – und Tibby, die tut nichts mehr als 
			schlafen . Und erst die Schule ! Am liebsten würde er nie mehr 
			hingehen. Gestern haben sie ihn wieder so genervt, Sven und Andy, 
			und dieser gemeine Martin: „Hey, Dicker!“ haben sie hinter ihm 
			hergegrölt, „gehst du an Fastnacht als Buddha?“ – „Brauchst dir nur 
			’ne alte Gardine umzuhängen, Löckchen wie’n Buddha haste ja schon!“ 
			hat Tina gekräht, „gell Buddhachen!“ – Buddhachen! Quops kann das 
			Wort nicht mehr hören. 
			Aus der Küche zieht ein Duft von frischem Hefekuchen ins Bad und in 
			Quops’ Nase. Wütend trommelt Quops mit den Füßen gegen die 
			Badewannenkacheln. Er wird nicht mehr essen. Nie mehr. Er wird 
			abnehmen. So dünn wie Andy wird er sein. 
			Es klingelt an der Wohnungstür, und Quops hört eine fremde Stimme 
			und seine Mutter: „Ich frag’ ihn gleich mal!“ – Neugierig steckt 
			Quops seinen Kopf zur Badezimmertür heraus. 
			„Du, Kai! Frau Petersen, die neue Nachbarin, ist da und fragt, ob du 
			bei ihrer Kleinen heut’ abend Babysitter machen willst?!“ 
			Quops macht Kugelaugen. Er? Babysitter? Quops weiß nicht, was er 
			sagen soll. Mit kleinen Kindern hat er eigentlich nichts am Hut. Und 
			Marie, die kennt er ja noch kaum. 
			Quops steht vor der Nachbarin. Er zuckt die Schultern, druckst herum 
			– und hört sich sagen: „Heut’ abend um halb acht? Gut. Ich komme.“ 
			Nachmittags, als Quops in die Fernsehzeitschrift guckt, würde er 
			sich am liebsten die Ohren abreißen. Ausgerechnet heut’ abend kommt 
			ein Superwestern. Und er muss Kinder hüten! 
			Um halb acht steht Quops in der Wohnung nebenan in der Diele, und 
			die neue Nachbarin erklärt ihm, was er machen soll, wenn Marie wach 
			wird und ruft. „ Doch die wird bestimmt nicht wach!“ sagt Herr 
			Petersen. 
			Fünf Minuten später ist Quops allein. Allein mit Marie, fünfzehn 
			Monate, die im Kinderzimmer mucksmäuschenstill schläft. Auf dem 
			Dielenschrank liegt eine Handynummer, unter der Maries Eltern im 
			Notfall zu erreichen sind, und dann liegt da noch ein 
			Fünfeuroschein. Den kriegt Quops nachher, wenn Maries Eltern 
			zurückkommen. Um halb zehn. 
			Quops geht leise ins Wohnzimmer und schaut sich um. Dann macht er 
			den Fernseher an. Guckt Werbung. Auf dem Tisch steht eine Schale mit 
			Chips. Quops greift sich eine Handvoll. Will sie in den Mund 
			stopfen. Und erstarrt. Hat es gequiekt? Aus dem Kinderzimmer? Quops 
			lauscht. Stille. Dann ein ganz leises Scharren. Lautlos wie Tibby 
			bewegt sich Quops zur Kinderzimmertür. Ja, ganz deutlich – ein 
			Scharrgeräusch. Was ist das? Soll er reingucken? Aber dann wird sie 
			am Ende wach, die Marie. Bloß das nicht! 
			Quops hält die Luft an und horcht. Lange Zeit. Immer das leise 
			Scharren, dann – ein Tönchen: „Örrrh! Örrhe!“ – dann: „Ama! Ama! 
			Ma-i! Ma-i tomm!” – Stille. Quops schwitzt. In der rechten Hand hält 
			er die zerdrückten klebrigen Chips. Wenn sie bloß wieder einschläft 
			! 
			Nach zwei Minuten schleicht Quops ins Wohnzimmer zurück. Betrachtet 
			den Chipsmatsch in seiner Hand. Die Chips wird er nicht mehr essen. 
			Und überhaupt, er will ja nichts mehr essen. Nix mehr Buddha! Quops 
			überlegt, wo er die zermatschten Chips hintun könnte. Gut, dass 
			Marie ihn vom Essen abgehalten hat !  
			Als Quops wach wird, liegt er in einem fremden Zimmer auf dem Sofa, 
			der Fernseher dudelt leise, und ein bärtiger Mann beugt sich über 
			ihn und sagt: „Na, gut geschlafen, Herr Babysitter?“ 
			Mit heißem Kopf – ob vom Schlafen oder weil er sich so geschämt hat 
			– verabschiedet sich Quops von Maries Eltern: „Ja, Marie hat 
			geschlafen. Hat sich nicht gemuckst. Nur am Anfang mal, ’n ganz 
			klein bisschen!“ 
			So hat Quops sein erstes Geld im Schlaf verdient, und Herr Petersen 
			hat sich gewundert, als er im Clo eine Handvoll zerbröselte Chips 
			fand. 
  
			
			
			              
			
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