1. Urgroßvater Mausathan
Für eine Mäusefamilie ist der Name Mausekatz ziemlich ungewöhnlich. Familie Mausekatz bewohnte ein Gasthaus in Apfelborn. Dort im Vorratskeller hinter dem Viezfass hatte sie ihr Nest. Ihre Nachbarn im Kartoffelkeller nebenan hießen Mausemeyer, und im Gemüsegarten wohnten Herr und Frau Mausss, die stolz darauf waren, dass ihr Name mit drei „s“ geschrieben wurde. Familie Mausekatz nun verdankte ihren Namen dem Urgroßvater Mausathan, der sehr fett und flink gewesen war und einen riesengroßen Schnurrbart getragen hatte. Dieser Mausathan konnte eines Abends in seinem Nest nicht einschlafen, weil er zum Abendessen nur einen Weberknecht gefressen hatte und noch ein großes Loch im Magen hatte. Er stand also wieder auf, lief die Kellertreppe hinauf und krabbelte durch das Flurfenster ins Freie. Er wollte einen Blick in den Gemüsegarten werfen, ob er da vielleicht etwas Leckeres fände. Als er gerade um einen Kohlkopf bog, ertönte plötzlich neben ihm ein fürchterliches Geschrei: „Mauiii—miauauooii“. Urgroßvater Mausathan rutschte vor Schreck unter ein Kohlblatt. Wieder gellte es in seinen Ohren „Mauoooaumii“, dann knurrte es ganz in der Nähe, dann ein Fauchen, ein Geraschel und — auf dem Gartenweg standen im Mondlicht unversehens drei große Katzen. Mausathan wagte keinen Pieps. Drei Todfeinde auf einmal ! Wie grässlich müsste es sein, von drei Katzen gefressen zu werden ! Während Mausathan die Untiere angstvoll beäugte, näherte sich den Katzen vom Gartenzaun her ein kleiner schwarzer Punkt. Mausathan erkannte darin Frau Mausss, die an den Kohlstrünken schnupperte und die Katzen nicht bemerkte, denn sie war alt und sehr schwerhörig. Urgroßvater Mausathan überlegte fieberhaft, wie er Frau Mausss retten könnte. Und er hatte eine Idee. Er nahm all seinen Mausemut zusammen, pumpte sich voll Luft und raste los, auf den Gartenweg, und mitten zwischen den Katzen hindurch ins Möhrenbeet. Dabei quiekte er, so laut er konnte. Vor lauter Angst bemerkte er gar nicht, dass die Katzen ihn überhaupt nicht beachteten; sie waren ganz mit sich beschäftigt, fixierten sich mit bösen Augen, und sobald eine sich rührte, kreischten und fauchten die anderen. Frau Mausss aber erstarrte, sah nun die Feinde und sauste auch ins Möhrenbeet. Sie schnäuzelte ihrem Retter einen Kuss auf den Schnurrbart und erzählte am nächsten Tag allen Mäusen im Umkreis von seiner Tapferkeit: „Stellt euch vor, drei Riesenkatzen hat er brüllend besiegt, nur um mich zu retten !“ Von da an erhielt Urgroßvater Mausathan den Ehrennamen „Mausekatz“ und gab ihn an seine 99 Kinder, Enkel und Urenkel weiter. |