15. Unruhige Zeiten

 

Papa Korno scharrte wild mit den Hinterbeinen, er scharrte Haselnussschalen aus dem Nest, denn auf Haselnussschalen zu schlafen, ist unbequem. Die Morgensonne blinkerte auf das Viezfass, und Mama Salamine und die Kinder schliefen schon.
Da wurde die Kellertür aufgestoßen, und Menschentritte polterten die Treppe hinab. Papa Korno spitzte die Ohren. Die Menschen, er hörte die Stimme des Gastwirts und eine fremde, brüllten hin und her. Sie klopften am Viezfass herum und weckten die ganze Familie Mausekatz wieder auf.
Es war recht selten, dass jemand sich am Viezfass zu schaffen machte, denn das Viezfass war seit Monaten so gut wie leer. Doch diesmal — ! Der Wirt schrie plötzlich besonders laut, und da kam noch ein weiterer Mensch die Treppe herunter. Und ehe die Mäuse noch wussten, wie ihnen geschah, wurde das Viezfass zur Seite gerückt, hochgehoben und von den drei Menschen die Kellertreppe hochgeschleppt.
Familie Mausekatz saß plötzlich in der vollen Sonne da, ohne ihren bewährten Sichtschutz. Alle krabbelten aus dem Nest, quiekten aufgeregt durcheinander, und als an der Kellertür Schritte erklangen, flitzten alle in eine düstere Ecke unter das Flaschenregal.
Mama Salamine rieb sich die Augen und piepste: „Was jetzt? Unser schönes Nest! Jeder kann es jetzt sofort sehen!“ Kässy quiekte: „Wo sollen wir nun hin!? Wir müssen fort!“
Sie beratschlagten lange hin und her. Das Möhrenbeet wurde vorgeschlagen, der Kartoffelkeller, ja, Zucko meinte sogar, man könne jetzt auch in die Küche ziehen, der Kater sei ja jetzt tot.
Kässy hatte die beste Idee: „Wir ziehen in den Gespensterschuppen. Dort haben wir immer Hühnergerste!“
„Ich will nicht zu dem Gespenst ziehen!“ maulte Mehlinchen. Es glaubte es nicht richtig, dass das Gespenst nur eine weiße Maus war.
Als der Abend dämmerte, machte sich Familie Mausekatz bereit zum Umzug. Jeder schnappte sich ein Möbelstück, und dann marschierten sie los. Schoggel zog einen alten Lappen hinter sich her, mit dem sie ihr Nest ausgepolstert hatten; Mehlinchen trat auf der Kellertreppe versehentlich darauf, verlor das Gleichgewicht und kollerte mitsamt einem Büschel Strohhalmen, das es in der Schnauze trug, die Treppe wieder hinunter. Die Halme lagen überall zerstreut. Mama Salamine trug in jeder Backentasche eine Haselnuss und konnte daher nicht schimpfen. Papa Korno zog voraus und sicherte den Weg. Ohne Störung kamen sie am Gespensterschuppen an. Sie trappelten im Mäusemarsch zum Gerstensack und wollten eben ihre Habseligkeiten abladen, da fuhr etwas auf sie los, quiekend und zischend. Es war die weiße Maus. Sie hatte bereits am Gerstensack eine Wohnung bezogen und fletschte jetzt die Nagezähne, um ihr Eigentum zu verteidigen.
Papa Korno machte Männchen, klappte mit den Augen und quiekelte sanft: „Aber ich bitte Sie, mein Herr, wir sind vertrieben und suchen Unterkunft! Wenn Sie gestatten, kriechen wir hinter den Holzstoß dort drüben!“
„Grrr!“ knurrte die weiße Maus und schien zu überlegen, ob sie zustimmen oder ablehnen sollte. „Grrr! Hier ist mein Schuppen! Und mein Gerstensack! Grrr! Ich vermiete nicht an Gesindel!“
Papa Korno schluckte, sagte dann aber ganz artig: „Oh, wir sind doch die Familie Mausekatz aus dem Gasthaus, hinter dem Viezfass!“
Die weiße Maus sah hochmütig von einem zum anderen: „So viele Bälger!“ quiekte sie, „das ist mir zuviel Gequieke!“ Dann rümpfte sie die Schnauze und fügte hinzu: „Wenn ihr in der Lage seid, mir jeden Tag eine Walnuss zu bezahlen, könnt ihr meinetwegen hinter dem Holzstoß wohnen.“
Teils wütend, teils geknickt bezog Familie Mausekatz ihr neues Quartier. Es war feucht, und der Wind pfiff durch die dünne Bretterwand. Sie krochen in die Falten des Lappens, den Schoggel mitgenommen hatte, und dachten an das warme Nest hinter dem Viezfass.
Ihr einziger Trost war eine fette schwarze Spinne, die plötzlich aus dem Holzstoß herausschoss und die sie als erste gemeinsame Mahlzeit im neuen Heim verzehrten

 

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