6. Die
Beißwut
Als
der Abend dämmerte und Familie
Mausekatz allmählich wach wurde, sprang
Schoggel als erster im Nest auf
und quiekte: „Toll, jetzt ist Onkel
Mausbert ausgeruht und kann erzählen,
warum er immer zuckt!“
Onkel Mausbert schnirchte noch in
seiner Nestecke
— Mäuse
schnarchen nicht, sie schnirchen
— und
Papa Korno sagte: „Gebt Ruhe und
lasst Onkel Mausbert ausschlafen, ihr
Quälmäuse!“
Die Mausekinder warteten ungeduldig, und
endlich begann Onkel Mausbert sich zu
räkeln und öffnete seine Kulleraugen.
Als er die Blicke von Kässy,
Zucko, Schoggel und Mehlinchen so
erwartungsvoll auf sich gerichtet sah,
fragte er verschlafen: „Was ist denn
los?“
— „Die
Geschichte!“ sagte Kässy, „warum du
immer ...“
— „Ah
ja“, unterbrach Onkel Mausbert, gähnte,
klappte seine Augen zu und begann
mit geschlossenen Augen zu erzählen:
„Ich hatte als Junge die dumme
Angewohnheit, in alles hineinzubeißen, was
mir in die Quere kam, waren es
nun fressbare Dinge oder anderes.
Pappe, Plastik, Kieselsteine, überall schlug
ich meine Nagezähne hinein, um zu
probieren, ob ich es klein bekam.
Die Zaunpfähle um unseren Garten, die
Holzbeine des Terrassentisches, der
Spatenstiel, die Rechenzinken, einfach
nichts im Garten, worin unser
Komposthaufen lag, war vor meiner
Beißwut sicher.
Ja, sogar einen Schnuller, der auf
dem Gartenweg lag, nagte ich an.
Und einmal,“
— Onkel
Mausbert kicherte
— „einmal
fand ich auf der Straße einen
grauen Klumpen. Er roch nach
Pfefferminze und war klebrig. Ich biss
hinein, biss und biss und bekam
das Zeug nicht mehr von den
Zähnen. Es klebte ganz zäh in
meinem Mund, und meine Mutter musste
mit mir zu unserem Nagezahnarzt gehen,
der das klebrige Zeug von meinen
Zähnen schabte und sich dabei
kaputtlachte. Ich hatte in ein
ausgespucktes Kaugummi gebissen!“
„Ja, aber wir wollen endlich wissen,
warum du immer zucken musst!“ rief
Schoggel dazwischen, denn Onkel Mausbert
hatte, ohne es zu merken, während
des Erzählens wieder zweimal gezuckt.
„Ach ja, das kam so: Eines Tages
lag ein seltsamer Gegenstand auf dem
Gehweg bei unserem Nest. Ein
riesengroßer durchsichtiger Ball, wie ich
noch nie einen gesehen hatte. Hellblau
war er, ich hab’ es bis heute
nicht vergessen. Und er tanzte im
Wind auf dem Weg auf und ab.
Ich lief hinzu, überlegte nicht lange
— und
hackte meine Zähne in den Ball.
Und da? Da gab es einen
Mordsknall, und der Ball war geplatzt.
Denn es war ein Luftballon gewesen.
Ich aber wurde von der Explosion
und dem Luftstoß in ein Rosenbeet
geschleudert. Tja, und seitdem, ja,
seitdem muss ich immer mal zucken!“
„Ihr hört also, Kinder“, sagte Mama
Salamine, „niemals in einen Luftballon
beißen, sonst geht es euch wie
Onkel Mausbert!“
Alle lachten und lachten solange, bis
Papa Korno sagte: „Seid jetzt still,
damit uns nicht noch der Kater
hört!“
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