8. Papa Kornos Kater
Zwei
Nächte nach dem schrecklichen Ende von
Professor Mausakow sagte Mama Salamine
zu Papa Korno: „Korno, wir haben
alles aufgefressen, was wir letzte
Woche besorgt haben, die Brotkruste,
die Bananenschale und die rote
Schnecke, heute kann ich nur
Kellerasselbrei kochen!“
— „Bäh,
Kellerasselbrei“, Korno schüttelte sich,
„den könnt ich alleine essen, ich
gehe mir etwas anderes suchen.“
Papa Korno lief über die Straße,
schnupperte im Rinnstein und streifte
dann durch den Gemüsegarten. Nirgends
fand er etwas, worauf er so
richtig Lust hatte. Schließlich kletterte
er auf das Gartenmäuerchen, um zu
sehen, ob er dahinter auf den
Feldern noch ein paar Kornähren finden
würde. Doch er fand nur verfaulte
Stoppeln, die Vögel hatten alle Körner
aufgepickt.
Verdrossen trippelte Korno zurück, an
der Gartenmauer entlang auf den
Dorfplatz. Dort bemerkte er einen
großen Kasten, den er vorher noch
nie gesehen hatte. Er schlich
drumherum, krabbelte schließlich an der
Seite hoch und guckte durch eine
Öffnung in den Kasten hinein. Im
Mondlicht blinkten ihm viele Flaschen
und Glasscherben entgegen; und diesen
Glasscherben entstieg ein leckerer süßer
Duft.
Vorsichtig hüpfte Korno auf die
oberste Flasche und schnüffelte neugierig
herum. Der Duft kam von einem
Stück gläsernen Flaschenboden, in dem
eine Flüssigkeit glitzerte. Korno streckte
den Kopf aus, seine Nase wurde
immer länger
— und er
begann an der Flüssigkeit zu
schlabbern. Erst fuhr er erschrocken
zurück
— das
schmeckte scharf
— aber
— es
schmeckte auch süß; je mehr Korno
von der Flüssigkeit aufschlappte, desto
besser schmeckte sie ihm. Und er
fühlte, wie sie durch seinen Körper
rieselte und sein Bauch wohlig warm
wurde.
Nachdem er die Brühe fast ganz
aufgeschleckt hatte, wurden ihm die
Augen schwer und er wäre beinahe
eingeschlafen. Doch er wusste, dass
Mama Salamine sich Sorgen machen
würde, wenn er nicht nach Hause
kommen würde, und beschloss, den
Kasten zu verlassen und heimzulaufen.
Doch
— es war
eigenartig
— immer
rutschte er auf den glatten Flächen
aus, fiel zur Seite, und erst
beim vierten Anlauf gelang es ihm,
aus dem Loch des Kastens
herauszuklettern.
Auf dem Heimweg fühlte er sich
seltsam
— als
hätte er acht Beine, und als er
sich einmal ängstlich umschaute, ob
nicht etwa irgendwo der Kater lauerte,
bemerkte er zu seinem Entsetzen, dass
er zwei Schwänze hatte.
Schon auf der Kellertreppe quiekte er:
„Salamine
— quicks
— ich
habe zwei
— quicks
— Schwänze!
Quicks!“ Mama Salamine sah ihn mit
großen Augen an. “Du spinnst, Korno!
Du hast einen Schwanz wie immer!
Doch wie gehst du denn so
komisch
— du
torkelst ja!“
— „Ja,
— quicks“,
sagte Korno, „das kommt davon, weil
ich acht Beine habe.“ Kässy und
Zucko sahen sich entgeistert an: „Papa
Korno spinnt!“ sagten sie. „Und
außerdem“, rief Schoggel, „riecht er
so komisch!“
— „Vielleicht
sollten wir Dr. Schneid holen?“ fragte
Kässy.
Papa Korno fiel kopfüber ins Nest
und schlief sofort ein.
Als Familie Mausekatz am nächsten Tag
wach wurde, war Papa Korno nirgends
zu sehen. Man hörte ihn nur
jämmerlich piepseln: Mein Kopf, mein
Kopf tut so weh!“
Er saß unter dem Viezfass und
presste seinen Kopf gegen einen
eisernen Fassreifen: „Das tut gut
— oh mein
Kopf!“
Mama Salamine wurde die Sache
unheimlich. Schnurstracks lief sie zu
Dr. Schneid, dem Mäusearzt.
Der schwieg, als er die Geschichte
gehört hatte, dann rümpfte er die
Schnauze, kniff sein rechtes Auge
zusammen und quäkte: „Papa Korno ist
nicht krank
— ich
glaube
— er hat
einen Kater!!“
Mama Salamine verstand überhaupt nichts
mehr. Wie konnte Papa Korno einen
Kater haben? Der Kater hätte ihn
doch längst gefressen.
Die gute Salamine wusste eben noch
nicht, dass auch eine Maus einen
„Kater“ bekommen kann, wenn sie im
Altglascontainer aus einer kaputten Flasche
einen Rest süßen Rum trinkt.
Salamine hatte bisher nur schwarze und
graue Kater mit Krallen zu sehen
bekommen, aber keine alkoholischen!
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