9.
Wombo der Rächer
Wombo, der große Hund, der in der Gaststube über dem Keller, wo Familie Mausekatz wohnte, den ganzen Tag unter der Theke lag, war ein braver Hund. Er bewachte die Kasse, und jedes Mal, wenn ein Gast hereinkam, schob er seine Schnauze um die Ecke der Theke und schaute, ob es ein Einheimischer oder ein Fremder war. War es ein Unbekannter, so knurrte er wohl manchmal leise, doch zumeist war er friedlich
— und ließ auch Familie Mausekatz in Ruhe, wenn sie auf dem Boden der Gaststube nach Krümeln suchte.
Und doch
— eines Nachts kam Mama Salamine etwas aufgeregt nach Hause: „Kinder!“ rief sie, „kommt mal alle her! Ich sage euch, nehmt euch vor Wombo in acht! Eben war ich oben in der Gaststube, habe eine Bratkartoffel gefunden, und als ich dann zurück in den Keller laufen wollte, an der Theke vorbei
— da bin ich vielleicht erschrocken! Wombo lag da wie immer, den Kopf auf den Pfoten, und plötzlich
— plötzlich riss er sein Maul auf! Ich sag’ euch, der hat Zähne! Jeder einzelne ist so lang wie Mehlinchens Schwanz! Macht nur ja einen großen Bogen um Wombo! Wenn der zubeißt...!“
Mama Salamine wusste nicht, wie recht sie behalten sollte, wenn auch etwas anders, als sie dachte.
Kurz darauf geschah es, dass Schoggel und Zucko auf der Gartenmauer ein Bonbon fanden, und wie immer, wenn es um Süßes ging, gerieten sie in Streit: „Das ist ein Schokoladenbonbon, also krieg’ ich es, du Blödmaus!“ keifte Schoggel, und Zucko wollte gerade auf ihn los
— da gab es hinten auf dem Gartenweg einen Riesenlärm. Wombo bellte wütend, und etwas kam zwischen den Asterstauden angesaust. Es war
— der Kater. Und knapp hinterher keuchte Wombo. Noch ein Satz und noch einer, und Wombo hatte den Kater geschnappt. Es gab ein wüstes Gefauche, Geknurre und Gerangel
— und dann witschte der Kater unter Wombo hervor, machte einen wilden Satz über den Brunnentrog und schwupp, war er den Kirschbaum hinaufgeschnerrt. Wombo bellte eine Zeitlang unter dem Baum herum, doch dann wurde es ihm zu dumm und er machte sich ins Haus zurück.
Der Kater saß derweil in einer breiten Astgabel und leckte sich sein Hinterteil. Schoggel und Zucko sahen, dass er blutete, und sie konnten nicht anders, sie mussten sich freuen, dass es ihren schlimmsten Feind auch einmal erwischt hatte!
Und als sie dann noch beobachten konnten, wie der Kater schwerfällig vom Baum rutschte und den Gartenweg entlanghumpelte, freuten sie sich noch mehr.
Der Streit war vergessen. „Das geschieht dem Kater recht
— denk’ an Professor Mausakow!“ meinte Zucko, und Schoggel sagte: „Weißt du was, das Bonbon, das schenken wir Wombo!“
Gesagt, getan. In der folgenden Nacht schlichen sich die zwei Brüder nach oben
— Zucko hatte das Bonbon zwischen den Zähnen
— und neben der Theke legten sie das Bonbon lautlos ab. Dann gab Schoggel dem Bonbon einen Schubs in Richtung Wombo
— und die beiden Helden machten sich schleunigst aus dem Staub.
Wombo aber freute sich über den unverhofften Leckerbissen, und er ahnte nicht, von wem er war.
Er wusste auch nicht, dass Familie Mausekatz des Lobes voll war über ihn und ihn „Wombo, den Rächer“ nannte.
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