16.
Quops als Detektiv
Den
letzten Ferientag am Gardasee wird Quops nie vergessen. Obwohl er
nicht so schön war wie der erste – sondern ziemlich gruselig.
Quops’ Mutter hatte sich zum Abschluss des Urlaubs eine Bergtour
gewünscht; mit dem Auto in eines der kleinen Alpentäler, und dann
eine Wanderung durch den Bergwald.
Das Tal, das sie sich ausgesucht hatten, war völlig einsam. Schon
eine halbe Stunde schlängelten sie sich mit dem Auto das gewundene
Sträßlein entlang – und nicht ein Fahrzeug kam ihnen entgegen.
Immer höher kamen sie hinauf. Immer felsiger wurde es und immer
kühler. „Schnee!“ quiekte Quops, „da is’ noch Schnee!“ Vereinzelte
Schneeflecken säumten die Straße. Ein paar weitere Serpentinen, und
man hatte plötzlich einen fantastischen Ausblick.
„Mama, halt’ mal an, mir is’ es ein bisschen schlecht von dem
Gekurve!“ stöhnt Quops, und Frau Wolpert fährt in eine
Straßenausbuchtung und macht den Motor aus. Es ist totenstill.
Alle steigen aus, um sich die Beine zu vertreten. Quops entdeckt,
dass neben einem Buschhügel am Straßenrand ein schmaler Weg
abzweigt. Er führt in ein schattiges Seitental. Ein Stück drinnen am
Abhang sieht Quops zwei halb verfallene Almhütten. Der schattige Weg
ist noch fast ganz verschneit.
Neugierig pirscht sich Quops voran. Er will sich die Hütten mal
ansehen. Nach vielleicht 30 Metern biegt der Weg etwas ab. Durch
unberührten Schnee stapft Quops um diese Ecke – und bleibt verblüfft
stehen. Vor ihm liegt auf einer schneefreien Stelle ein Rucksack.
Ein Schülerrucksack. – „He, kommt mal her!“ ruft Quops und
untersucht den Rucksack. Er ist trocken und unversehrt. Quops schaut
sich um, ob irgendwo jemand ist, dem er gehören könnte. Sein Vater
steigt vorsichtig die morschen Stufen zu den Almhütten hinauf – ob
da jemand drin ist? Nichts! Totenstille.
Quops steigt ein Stück den Abhang hinab. Ein paar Meter hinter den
Almhütten bricht der Abhang jäh ab in eine mörderisch tiefe, steile
Schlucht. Ganz tief unten schäumt ein Bergbach unter überhängenden
Felsen. So tief, dass man ihn zwar sehen aber nicht hören kann.
„Weihh, geht das da runter!“ denkt Quops.
Sein Vater hat inzwischen den Rucksack untersucht. Schulhefte, ein
Erdkundebuch, eine korrigierte Rechenarbeit, ein Mäppchen. In einem
Heft stehen Name und Alter des Besitzers: Dino Rossati, 10 Jahre. –
„Komisch! Sehr komisch!“ Alle stehen nachdenklich um den Rucksack
herum. – „Der kann noch nicht lang’ hier steh’n“, meint Quops
Mutter, „aber – wie kommt er hierher?“
In einer Seitentasche entdecken sie noch eine Landkarte, in der das
Alpental, worin sie sind , auch eingezeichnet ist. „Vielleicht ist
der Junge von zu Hause weggelaufen?“ meint Quops Vater. – „Aber wie
kommt er hierher, wo kein Mensch is’?“ fragt Quops, „hier fährt doch
kein Bus her!“ – „Und zu Fuß ist’s viel zu weit!“ sagt Frau Wolpert,
„und es sind ja auch keine Fußspuren im Schnee!“ – „Vielleicht -
vielleicht - ist er in die Schlucht gefallen! Oder – oder ...“ Quops
druckst herum, „vielleicht hat ihn jemand reingeschmissen?!“ -
„Glaub’ ich nicht !“ , sagt sein Vater, „ dann hätte er den Ranzen
auch mit runtergeworfen und ihn nicht hier stehen lassen!“
Allen rauchen die Köpfe vor lauter Überlegen, als sie wieder zum
Auto gehen. Den Rucksack lassen sie zurück. Einsam steht er neben
zwei herabgebrochenen Dachbalken auf dem düsteren Weg.
Die Sache lässt ihnen keine Ruhe. Zurück in der Pension ruft Quops’
Mutter bei der Polizei an und fragt, ob vielleicht ein Junge namens
Dino Rossati vermisst wird. Nach einer Viertelstunde ruft der
Polizist zurück: Nein!
Quops blättert derweil mit seinem Vater im Telefonbuch der Region.
Sie stellen fest, dass es den Namen Rossati nirgends gibt.
Am nächsten Tag müssen sie heimfahren. Sie können nichts mehr machen
Aber Quops grübelt noch lange an diesem Rätsel herum. Oft denkt er,
sie hätten vielleicht doch in die verfallenen Almhütten hineingehen
sollen. Vielleicht...
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