2. Der Westernheld
In der nächsten Kunststunde zeigt Quops seine Blume
vor. Er hat sie doch selber malen müssen, denn seine Mutter hatte
keine Zeit. Frau Marks schaut sich die Blume an: „Na gut, Kai, hmm,
bisschen groß, die Blüte, aber es geht!“
Kai hat einen ganz dünnen Stiel gemalt und obendrauf eine riesige
lila Blüte. Frau Marks zeigt ihm eine Blume von Lisa, und dann muss
er den Stiel dicker malen und mit Blättern versehen. Kai, nein
Quops, dampft vor Anstrengung.
Aber heute macht ihm alles nichts aus. Sogar, dass Sven ihn gegen
die Tafel stupst, macht ihm nichts aus. Denn gestern war Onkel Paul
da, sein Pate, und hat ihm etwas mitgebracht. Etwas Tolles!
Quops kramt in seinem Ranzen nach seinem Geldbeutel. Statt zu malen,
zählt er sein Geld nach. Zwei Euro hat er dabei. Hoffentlich
reicht’s! Für die Munition!
Ja, Munition wird Quops kaufen nach der Schule. Für seinen neuen
Revolver. Und so einen geilen Revolver hat keiner. Er ist groß,
schwer, silbrig, mit echtem Holzknauf, und er würde so laut knallen,
dass einem die Ohren abfallen – hat Onkel Paul gesagt. Und der hat
den Revolver mit elf bekommen und ihn bis heute aufgehoben. Nur
Munition hatte er nicht mehr.
Quops versucht sich den Revolver von Tonnykid, seinem Westerndicken,
vorzustellen – seiner ist noch toller, denkt er gerade – da wird er
am Arm gegriffen: „Schlaf nicht, Kai!“ sagt Frau Marks, und Quops
tunkt so schnell seinen Pinsel in die grüne Farbe, dass es auf die
Bank spritzt.
Nach der Schule geht Quops zum Schreibwarenladen, um „Kugeln“ für
seinen Revolver zu kaufen. „Gibt’s jetzt nicht!“ sagt der Verkäufer,
„nur an Fastnacht!“ – Quops rennt zum Zeitungskiosk – nichts! Zum
Supermarkt – Nichts! „Jetzt im Herbst führen wir das nicht!“ heißt
es überall.
Mit glührotem Kopf kommt Quops hach Hause. So ein Mist!
Beim Mittagessen legt er den Revolver neben seinen Teller.
Vielleicht fällt ihm ja doch noch eine Lösung ein.
Am frühen Abend sieht Quops einen Krimi im Fernsehen. Zwei
Verbrecher verfolgen einen Kriminalbeamten. Einer schießt dem
Beamten von hinten ins Bein. Der will auch schießen. Doch – seine
Pistole geht nicht! Sie knackt – und Sense. Zum Glück kommen zwei
andere Polizisten um die Ecke, und die Gangster fliehen.
Nach dem Film geht Quops in die Diele. Stellt sich mit seinem
Revolver vor den Spiegel – und ist der Inspektor.
„Psch – schong!“ sagt Quops und fasst sich ans Bein – getroffen – er
spürt das Blut und will auch schießen – „knack“ - sein Revolver
knallt nicht! Eben! Ein Revolver kann auch mal versagen. Er ist
trotzdem cool.
Quops gefällt sich vor dem Spiegel, als Kriminaler. Er schießt und
schießt und - da knallt es plötzlich, dass ihm die Ohren abfallen.
Der Revolver hat geknallt, es stinkt im ganzen Flur nach der
Munition.! Da ist ja doch Munition drin! Und er geht jetzt wieder,
der Revolver, nach all den Jahren auf Onkel Pauls Speicher!
Quops knallt und knallt und knallt. „Hör’ auf!“ brüllt seine Mutter,
„ich hab’ eh schon Kopfweh!“
Quops hört auf. Er hat gerade den letzten Dealer erwischt, aus dem
Film, der fällt von der Mauer, und Quops schiebt den Revolver in den
Gürtel.
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