4. Warum nicht?
Seit ein paar Wochen hat Quops Kommunionunterricht.
Diesmal hat der Pastor die Kinder in die Kirche bestellt. Quops war
erst zweimal hier in der Kirche, seit er mit seinen Eltern
hergezogen ist. Sie ist ziemlich alt und düster, nur ganz oben hat
sie helle runde Fenster.
Quops schaut sehnsüchtig nach oben. Draußen scheint so schön die
Sonne. Da gibt ihm sein Nachbar einen Stoß: „Guck’ mal da hin!“
flüstert er und zeigt nach rechts über den Seitenaltar, „ da sitzt
was!“ Quops kniepst die Augen, um genau zu sehen. Ganz oben in der
Ecke auf einem Absatz sitzt ein Vogel. Ziemlich groß. Und jetzt,
jetzt fliegt er zu einem Fenster – raus. Und wieder rein. Und noch
ein zweiter fliegt ihm nach. Er setzt sich auf den Sims und beginnt
sich zu putzen. Alle Kinder schauen nach oben.
„Das sind Tauben!“ sagt der Pastor. „Jetzt wird nicht mehr
hochgeguckt sondern zugehört!“ Der hat gut reden, der Pastor. Die
Tauben tippeln auf dem Sims herum und eine beginnt zu gurren. Wie
soll man sich da konzentrieren?
Schließlich sieht der Pastor es ein und meint: „Kommt, wir gehen ins
Pfarrhaus, in den Sitzungssaal!“ – Sie gehen durch die Sakristeitür
hinaus und durch den Pfarrgarten. Ein toller Garten, der ihnen
bisher durch eine hohe Mauer verborgen war. Zwei Mädchen spielen auf
der Wiese Federball.
Als sie im Sitzungssaal alle um den großen Tisch sitzen und der
Unterricht weitergeht, kommt eine ältere Frau herein und bringt eine
große Schüssel Gebäck. Quops fühlt sich wohl.
Er schaut auf das große Bild vom Letzten Abendmahl, das der Pastor
ihnen erklärt, wundert sich über die komischen Namen der Apostel –
und schiebt ein Plätzchen nach dem andern in den Mund.
Zuhause beim Abendessen hat Quops keinen Hunger mehr. „Die Frau vom
Pastor hat uns Plätzchen gegeben!“ sagt er. – „Die Frau vom Pastor?
Ein Pastor hat keine Frau. Du meinst wohl die Haushälterin!“
antwortet seine Mutter. – „Haus-häl-te-rin? Was’n das?“ fragt Quops.
– „Hm, eine Frau, die dem Pastor kocht und putzt und so!“ – Quops
ist still. Dann meint er: „Du putzt doch auch und bist dem Paps
seine Frau - und - kochen kann der Pastor doch selber – wie Paps!“ -
„Ja, sicher!“ lacht seine Mutter, „kochen könnte er – aber heiraten
darf ein Pastor nicht!“ – „Warum nicht?“ - „Das ist zu schwierig zum
Erklären; das verstehst du noch nicht.“ – Quops guckt wie eine Eins.
Er fischt sich eine Gewürzgurke aus dem Glas, beißt hinein und
erzählt kauend: „In der Kirche waren Tauben, immer raus- und
reingeflogen sind die, und im Garten war eine große Schaukel, und
dem Pastor seine Kinder haben Federball gespielt.“ – „Kai, der
Pastor hat auch keine Kinder!“ sagt seine Mutter. – „Warum nicht?“
sagt Quops und angelt noch eine Gurke aus dem Glas. Seine Mutter
seufzt.
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